Die Gnade unseres Herren Jesus Christus, die Liebe Gottes des Vatters und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen
jetzt und in alle Ewigkeit. Amen.
Text: Johannes 16,23b-28.33
Wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet in meinem Namen, wird er’s euch geben. Bisher habt ihr um nichts gebeten in meinem Namen. Bittet, so werdet ihr empfangen, auf dass eure Freude vollkommen sei. Das habe ich euch in Bildern gesagt. Es kommt die Stunde, da ich nicht mehr in Bildern mit euch reden werde, sondern euch frei heraus verkündigen von meinem Vater. An jenem Tage werdet ihr bitten in meinem Namen. Und ich sage euch nicht, dass ich den Vater für euch bitten werde; denn er selbst, der Vater, hat euch lieb, weil ihr mich liebt und glaubt, dass ich von Gott ausgegangen bin. Ich bin vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen; ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater. Dies habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.
Geliebt im Herrn Jesus Christus! Am Anfang möchte ich mich ganz herzlich bei Ihnen für die Einladung zu diesem heutigen Gottesdienst bedanken. Ich freue mich sehr, hier in der schönen Stadt Zwickau zu sein, in einer Zeit, in der dieser Ort, zusammen mit vielen anderen Nachbarstädten, Kulturhauptstadt Europas ist. Es ist eine Stadt mit einer reichen Geschichte und wunderbaren Traditionen und Kultur, die hier praktisch immer präsent war. Umso mehr freue ich mich über das heutige Treffen. Ich komme aus Legnica in Niederschlesien zu Euch. Von einem Ort, der auch seine eigene Seele, seine schöne Geschichte hat. Hier fand 1522 der erste evangelische Gottesdienst in Schlesien statt und die Ideen der Reformation beeinflussten stark die Entwicklung dieser Stadt in den folgenden Jahrhunderten. Heute sind wir eine der kleinsten evangelischen Pfarreien in Polen. Wir haben unsere Sorgen und Probleme, aber wir versuchen immer, mit Glauben und Hoffnung in die Zukunft zu blicken.
Das Thema des fünften Sonntags nach Ostern ist das Gebet. Das Gebet also ist die einfachste Dialogform mit dem lebendigen Gott, die einfachste Form, seine Gefühle, Sorgen und Emotionen auszudrücken. Und gleichzeitig eine Form, die Gott jedes Mal zugibt und auf die Er jedes Mal hört. Mit Glauben und Danksagung bekennt daher der Psalmist David: Gelobt sie Gott, den mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet.
Die Augen unseres Glaubens, die Augen unserer geistlichen Nachfolge des auferstandenen Jesus Christus richten sich heute auf das Johannesevangelium. Dort finden wir ein Bild als der Gottessohn kurz vor dem Ende seiner irdischen Mission seinen Jüngern begegnet und ein verbindliches Versprechen abgibt. Wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet in meinem Namen, wird er’s euch geben. Indem Jesus Christus von seinen Jüngern Abschied nimmt, versichert er ihnen, dass Seine Liebe, Seine Fürsorge und Sein reicher Segen auch weiterhin ihnen gehören werden. Das Einzige, was sie brauchen, ist Glaube. Bittet, so werdet ihr empfangen, auf dass eure Freude vollkommen sei. Deshalb möchte Gott auf die Bitten des Menschen antworten, Gott möchte, dass jeder von uns Glück findet, Gott möchte, dass wir Freude erfahren, die immer unsere Kraft und Macht im Alltag sein wird. Bittet in meinem Namen. Das sind wichtige Worte, die hier natürlich nicht zufällig verwendet werden. Der Name Jesu ist doch ein Name, der über allen anderen steht. In dem Namen Jesu sollen sich aller derer Knie beugen, schreibt der Apostel Paulus. Die vollendete Mission des Gottessohnes bedeutet, dass er der Inhalt unseres Lebens ist, der Inhalt unseres Herzens, der Inhalt unserer Seele, der Inhalt unseres Heils. Auch er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben.
Der Gott, von dem Jesus hier spricht, ist nicht nur der wunderbare Herr des Himmels und der Erde, der Schöpfer der Welt, der Geber alles Guten, sondern vor allem auch ein Geschenk der Gnade für den Menschen, ein barmherziger Vater, der sich um jeden von uns kümmert. Jesus stellt seinen Vater im Himmel dar, nicht als jemanden, der irgendwo unerreichbar in der Höhe sitzt und der Mensch eine ganze Reihe von Institutionen und Beamten überwinden muss, um sich in irgendetwas an ihn zu wenden, und es gibt keine Garantie, dass er jemals Erfolg haben wird. Jesus Christus erinnert uns in diesem Abschnitt daran, dass Gott, der Vater, der Vater von uns allen ist, und dass wir alle, ohne Ausnahme, seine geliebten Kinder sind. Er hat euch lieb, weil ihr mich liebt, hören die Jünger aus dem Mund Jesu. Und wenn dem so ist, dann gibt es keinen leichteren Weg zum Vater als durch Jesus Christus, den einzigen Mittler, den einzigen Hohenpriester, den einzigen Erlöser. Der Mensch muss also nicht nach anderen Wegen suchen, er muss niemanden um einen Befehl oder eine Fürsprache bitten. Das geht aus diesem Fragment hervor. In Jesus Christus ist Gott unsere Liebe. Liebe, die trotz allem liebt. Eine Liebe, die trotz unserer Sünden und Schwächen eine helfende Hand ausstreckt und uns immer wieder einlädt. Auf eine neue Lebensweise, auf neue Eindrücke, auf Freude und auch auf das Gebet.
Der zweite Teil dieses Gesprächs mit den Jüngern ist etwas anders, vielleicht etwas weniger optimistisch. Ganz am Ende lesen wir: “ Dies habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden. Zernichtet das nicht manchmal diese schöne Vision, von der Jesus soeben seinen Jüngern versichert hat? Immerhin sprach er eben noch von Freude, von der Erfüllung von Wünschen, von einem glücklichen Leben und jetzt stellt sich plötzlich heraus, dass so ein Leben gar nicht so aussieht. Denn das ist das Bild der Zeitlichkeit und der Welt, in der wir leben. Der Mensch wird ständig seinen Schwächen erliegen, er wird immer anfällig für die Sünde sein, er wird ständig Hass neben der Liebe säen, anstatt in Frieden, in Angst zu leben.
Und wir brauchen den Frieden heute sehr. Ich habe diese heutige Reflexion mit dem Titel versehen. Vertrauen auf dem Weg zum Frieden. Ich glaube, dass dies der einzige Weg ist. Das Vertrauen, das wir durch den Glauben an Gott gewinnen, wird später in das Vertrauen in einen anderen Menschen transponiert. Das ist eine wahre Grundlage. Ohne Vertrauen ist es unmöglich, Beziehungen in der Familie, in der Pfarrei, in der Kirche aufzubauen, es ist unmöglich, eine Gemeinschaft zu bilden, in der Stadt, auf dem Land, in Europa, in der Welt. Wir leben in Zeiten, die vom Krieg in der Ukraine geprägt sind, aber nicht nur. Auch an anderen Orten hören wir ständig von Unruheherden. Es ist sehr traurig, es ist sehr gefährlich. Deshalb sollte die Sorge um den Frieden unsere Gedanken durchdringen. Die Sorge um den Frieden muss wichtiger sein als gute Geschäfte, Gewinn, Ruhm, Popularität. Heute beobachten wir viele Menschen, die in der Politikwelt mit edlen Ideen, Losungen, Floskeln um sich werfen. Und die Folge ist, dass immer noch unschuldige Menschen sterben, weil in diesem Streben nach irdischem Frieden immer noch zu viel Wut, Hass und Heuchelei steckt. Was fehlt, ist das, woran Gott uns heute erinnert.
Ein Mensch, dem es an Frieden mangelt, verharrt in ständiger Angst, Furcht, Dualität. Zu viele ist er nicht in der Lage, zu tragen oder zu überleben. Es fällt ihm leichter, zu zweifeln, als zu glauben. Die Jünger Jesu nach seinem Tod sind das beste Beispiel dafür. Vergessen wir daher als Christen des 21. Jahrhunderts nicht, wo unsere Quelle liegt. Vergessen wir nicht, dass Christus auferstanden ist und uns sichere und bleibende Verheißungen gegeben hat. Wir brauchen also Gebet, wir brauchen Glauben, wir brauchen Vertrauen. Aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden. Wir wissen nicht, was der nächste Tag bringen wird. Aber ich bin überzeugt, dass es einfacher ist, allen möglichen Erfahrungen mit einer solchen Gewissheit Gottes zu begegnen. Es ist auch leichter, wenn wir diese Worte vor Augen haben, Verantwortung für uns selbst, für einen anderen Menschen, für die Welt, für Europa, für die Kirche zu übernehmen. Streben wir danach, blicken wir mit Glauben nach vorn und vertrauen wir alles dem an, der unser Vater ist. Ihm sei die Ehre, die Verehrung und das Lob im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. Amen.